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Eine feine Linie: Wo endet Lohngleichheit und wo beginnt Lohndiskriminierung?

Die bisher umfangreichste Datensammlung zur internen Lohngleichheit in der Schweiz zeigt, dass viele Unternehmen die Vorgaben des Bundes erfüllen, sagt aber wenig über Lohndiskriminierung aus. Wahre Lohngleichheit geht noch weiter. Es ist wichtig, strukturelle Unterschiede anzugehen und Massnahmen zu ergreifen, um Frauen in Führungspositionen zu fördern, den Zugang zu männerdominierten Berufen zu erleichtern und die gerechte Verteilung von Betreuungsarbeit voranzutreiben.

Was die Daten sagen

Die bisher grösste Datensammlung zu organisationsinternen Lohngleichheitsanalysen in der Schweiz (Link) zeigt: Die Mehrheit der befragten Unternehmen kommen zum Schluss, dass sie die Vorgaben des Bundes zur Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern erfüllen. Dabei beziehen sich diese Unternehmen auf die unerklärte Lohndifferenz.

Was bedeutet «unerklärte Lohndifferenz» genau?

Die unerklärte Lohndifferenz bezieht sich auf die Berechnung der durchschnittlichen Lohndifferenz zwischen Frauen und Männern, die vergleichbare berufsspezifische und persönliche Merkmale aufweisen. Hierbei werden Unterschiede wie zum Beispiel Hierarchieebene oder Ausbildungsniveau berücksichtigt. Die unerklärte Lohndifferenz ist daher entscheidend, um den Grundsatz «gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit» zu analysieren. Die Gleichstellungsstrategie der Schweiz hat zum Ziel, die unerklärte Lohndifferenz bis 2030 zu beseitigen (siehe Medienmitteilung des EBG).

Können wir also von Lohndiskriminierung sprechen, wenn eine unerklärte Lohndifferenz besteht?

Wenn statistisch eine unerklärte Lohndifferenz erkennbar ist, könnte dies potenziell auf Lohndiskriminierung zurückzuführen sein. Der Tages-Anzeiger stellt korrekterweise fest: «Wichtig ist dabei das Wort «potenziell»: Weil dieser Anteil des Lohnunterschieds nicht mit anderen Faktoren erklärt werden kann, kann das Geschlecht der Grund dafür sein. Zwingend ist das aber nicht: Es könnte auch ein anderer, nicht diskriminierender Faktor verantwortlich sein.» Solche nicht Faktoren, die nicht diskriminierend sind, sich aber trotzdem auf den Lohn auswirken, sind zum Beispiel physische und psychische Arbeitsbelastungen oder auch die tatsächliche oder relevante Berufserfahrung. Gleichzeitig ist es wichtig zu beachten, dass das Fehlen einer unerklärten Lohndifferenz in einem Unternehmen nicht automatisch bedeutet, dass alle Löhne dort frei von Diskriminierung sind. Es kann trotzdem vorkommen, dass in einzelnen Fällen Lohndiskriminierung vorhanden ist und dies sollte sorgfältig überprüft werden. Deshalb ist es wichtig, bei der Bewertung von Lohndiskriminierung aufgrund einfacher statistischer Modelle besonders vorsichtig zu sein.

Wieso ist auch die durchschnittliche Lohndifferenz wichtig?

Die durchschnittliche Lohndifferenz gibt Aufschluss darüber, ob Frauen und Männer im Durchschnitt unterschiedliche Löhne erhalten, unabhängig von weiteren Merkmalen. Sie zeigt daher stärker, ob Frauen und Männer in ähnlichen Berufsfeldern oder in ähnlich gut bezahlten Berufen tätig sind und ob sie ähnliche persönliche Merkmale wie Ausbildung oder Erfahrung aufweisen. Solange es nicht gelingt, Frauen verstärkt in gut bezahlte Berufe und höhere Hierarchiestufen zu bringen, wird die durchschnittliche Lohndifferenz nicht vollständig verschwinden. In Fachkreisen wird hier von den Auswirkungen der horizontalen Segregation (Frauen sind häufig in typischen Frauenberufen, die oft schlechter bezahlt sind) und der vertikalen Segregation/Beschäftigungsdiskriminierung (Frauen sind in hohen Hierarchiestufen untervertreten) gesprochen.

Die Bedeutung von Lohngleichheitsanalysen

Es mag überraschend sein, aber das Fazit solcher Erhebungen zu organisationsinternen Lohngleichheitsanalysen steht nicht zwangsläufig in direktem Zusammenhang mit Lohndiskriminierung. Ein genauer Blick hinter die Resultate zeigt, dass wir uns auf die Förderung von Frauen in Führungspositionen konzentrieren müssen, den Zugang zu männerdominierten Berufen erleichtern und die Betreuungsarbeit gerechter verteilen und bezahlbar machen sollten. All diese Aspekte haben grosses Potenzial, positive Auswirkungen auf die Ergebnisse der Lohngleichheitsanalysen zu haben. Denn Lohndifferenzen sind ein Ergebnis von tatsächlicher Gleichstellung und somit ein komplexes Konstrukt.

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