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Impulse zur Freisetzung des Schweizer Tech-Potenzials durch weibliche Talente

Dieser Beitrag ist auch in Englisch verfügbar.

Whitepaper zum Internationalen Frauentag: Impulse zur Freisetzung des Schweizer Tech-Potenzials durch weibliche Talente

Anlässlich des Internationalen Frauentags veröffentlichen McKinsey & Company Switzerland, das Kompetenzzentrum für Diversity & Inclusion der Universität St.Gallen und digitalswitzerland das Whitepaper «The unseen code: Unlock Switzerland's female tech potential». Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz zu steigern, sollte Frauen der Einstieg, der Aufstieg oder der Wechsel in Tech-Berufe besser ermöglicht werden.

Frauen sind in technologiebezogenen Berufen nach wie vor deutlich unterrepräsentiert. Der europaweite Mittelwert in Tech-Positionen liegt bei 22%, der Frauenanteil in Organisationen der Schweizer Technologiebranche hebt sich mit 25% nicht wesentlich davon ab. Basierend auf einer Fachdiskussion während des digitalswitzerland «World Café» im Januar 2024 in Davos und unter Einbezug von McKinsey & Company-Studien, Interviews mit Expertinnen und Experten sowie des «Gender Intelligence Report» des Kompetenzzentrums für Diversity & Inclusion der Universität St.Gallen und Advance (welcher auf ein Datenset zu 20 Schweizer Tech-Unternehmen mit einer Gesamt-Belegschaft von über 50.000 Mitarbeitenden zurückgreift), hebt das Whitepaper «The unseen code: Unlock Switzerland's female tech potential» das bislang vernachlässigte Potenzial von Frauen in Tech-Berufen hervor.

Analysen von McKinsey im Rahmen des europäischen «Women in Tech»-Berichts zeigen, dass die nachhaltige Einbindung von Frauen entscheidend ist, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, die Wettbewerbsfähigkeit der Technologieunternehmen zu stärken und die Wirtschaft langfristig positiv zu beeinflussen. Gelingt es, den Frauenanteil in Tech-Rollen bis 2027 auf 45% zu erhöhen, könnte Europas BIP um 260 bis 600 Milliarden EUR steigen. Bei detaillierter Analyse des Schweizer Tech-Sektor-Datensets fällt auf, dass in nicht-leitenden Positionen Frauen mit etwa einem Drittel vertreten sind und sich diese Unterrepräsentation mit steigender Hiercharchiestufe zuspitzt. In Führungspositionen liegt der Frauenanteil im Junior Management in Schweizer Technologieorganisationen bei etwas über einem Fünftel (21%), der Anteil von Senior-Managerinnen sogar darunter (18%). Mit Fokus auf den Schweizer Markt identifiziert das Whitepaper daher Handlungsempfehlungen in vier Bereichen: Unternehmenskultur, Talentbindung, Transfer qualifizierter Frauen in Tech-Bereiche sowie schulische und universitäre Bildungsmöglichkeiten zur Unterstützung ihres Weges durch die Talent-Pipeline.

Anna Mattsson, Ko-Autorin des Whitepapers und Partnerin bei McKinsey, erklärt: «Die Lösungsansätze, um Frauen für Tech-Berufe zu gewinnen, weiterzuentwickeln und langfristig zu halten, liegen direkt vor uns. Dessen müssen wir uns nur bewusst sein. Es gilt, in den Talentpool zu investieren. Durch gezielte Massnahmen kann dieses Potenzial aktiviert und voll entfaltet werden, sodass sich die Schweizer Wirtschaft nachhaltig zum Positiven entwickelt. Kurzum: Diversität in Tech kann Wettbewerbsvorteil sein.»

Nicole Niedermann, Mitglied des Management-Teams des Kompetenzzentrum für Diversity & Inclusion (CCDI-HSG) der Universität St.Gallen, ergänzt: «Mit einem höheren Frauenanteil wäre die Tech-Branche innovativer. Derzeit entscheiden sich Frauen aber entweder nicht für diese Industrie oder verlassen sie bald wieder. Sie sind klar unterrepräsentiert und üben damit noch nicht den notwendigen Einfluss auf die Unternehmenskultur aus. Wollen Tech-Unternehmen das Potenzial von Frauen wirklich nutzen, muss die kritische Masse von 30% das nächste Ziel sein. Wer etwas verändern will, muss Führung und Prozesse ebenso überdenken wie Meetingrituale, den Sprachstil im Unternehmen oder verwendete Symbole.»

Astrid Savouré-Mondésert, Lead Diversity, Equity and Inclusion von digitalswitzerland fügt hinzu: «Bildung, Fachkräfte und Diversität sind wichtig, um die Schweiz zum führenden digitalen Innovationsstandort zu entwickeln. Die Autorinnen haben vier wichtige Handlungsfelder identifiziert, die das bestehende Repräsentations-Ungleichgewicht in der Tech-Branche deutlich reduzieren könnten.» Die Empfehlungen umfassen:

Reframing – frauenfördernde Unternehmenskultur schaffen:

Es gilt, in Unternehmen geschlechterbedingte Hürden zu minimieren und ein Gefühl der Zugehörigkeit und Wertschätzung sicherzustellen. Initiativen für ein integratives Arbeitsumfeld können z.B. der Einsatz von Technologie-Tools im gesamten Karrieremanagement sein, um unbewussten Vorurteilen entgegenzuwirken, aber auch die Einführung von DE&I-spezifischen Richtlinien, Fortbildungen und datenbasierten Zielvorgaben, die klare Verantwortlichkeiten und eine Überprüfung des Fortschritts ermöglichen würden.

Talentbindung – Frauen in Tech-Rollen halten:

Zu den wichtigsten Faktoren gehört die Lohngleichheit, die durch Instrumente wie das vom Bundkostenlos zur Verfügung gestellte «Logib» überprüft oder durch unabhängige Label basierend auf standardisierten Verfahren zertifiziert werden kann. Transparenz über Entwicklungsmöglichkeiten und -anforderungen, das Hinterfragen von Auswahl- und Erfolgskriterien ist über alle Karrierestufen hinweg notwendig. Darüber hinaus können die Sichtbarkeit von weiblichen Vorbildern und ein über Mentoring hinausgehendes effektives Sponsoring auch durch männliche Kadermitglieder zielführend sein. In Anbetracht der beobachteten Beförderungspraxis ist dies insbesondere auf den Stufen Junior- bzw. Middle-Management wichtig. Um Frauen in der (Tech-)Belegschaft zu halten, ist es zu gewissen Lebensabschnitten (beispielsweise bei Elternschaft) besonders wichtig, entsprechende Unterstützung anzubieten.

Umschichtung – talentierte oder qualifizierte, aber bislang fachfremde Frauen in den Tech-Talentpool aufnehmen:

Auch unkonventionelle Ansätze, um die Tech-Talentlücke zu schliessen, sollten in Betracht gezogen werden. So etwa die Umschulung von Frauen mit MINT-Hintergrund, die jedoch derzeit nicht in technischen Berufen tätig sind oder die Weiterbildung von Frauen ohne MINT-Hintergrund, die derzeit in nicht-technischen Berufen tätig sind, aber über das notwendige Potenzial verfügen.

Bildung – Frauen den Einstieg ermöglichen und die Talent-Pipeline sicherstellen:

Der Übergang von der Schule zur Universität bzw. vom akademischen Umfeld in die Arbeitswelt sind kritische Punkte, an denen ein Grossteil der Frauen aus dem Talentpool herausfallen: Nach der Primar- und Sekundarschule verringert sich die Gruppe derjenigen, die Interesse und Qualifikation für ein MINT-Studium mitbringen. Von den MINT-Bachelorabschlüssen in der EU wird nur jeder Dritte an eine Frau vergeben (32%), auch Masterabschlüsse werden von weniger Frauen erworben (38%) als von Männern. Von diesen MINT-Absolventinnen verliert die Branche wiederum eine Vielzahl. Es gilt daher, auf frühzeitige Inspiration durch Kooperationen mit Schulen (z.B. Hackathons für junge Schülerinnen und Zukunftstage für Mädchen in Technologie-Organisationen) und die Nutzung vielfältiger Kommunikationskanäle zu setzen sowie auch attraktive Einstiegsjobs für Frauen zu schaffen.

Die Erkenntnisse legen nahe, dass Massnahmen weit über den Privatsektor hinaus erforderlich sind, um strukturelle Faktoren zu adressieren und somit die Tech-Branche für weibliche Talente attraktiver zu gestalten. Alle betroffenen Anspruchs- und Interessensgruppen (z.B. das Schweizer Bildungssystem, Verbände, Stiftungen) sind in der Lage, durch entsprechende Aktionen und Förderungsprogramme ihren Beitrag zu leisten, sodass zukünftig mehr Frauen ihren Platz in der Schweizer Tech-Branche finden.

Publikation

8. März 2024

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