Zum Hauptinhalt springen
Logo Diversity & Inclusion Platform

Qualifiziert. Ambitioniert. Übergangen?

Dieser Beitrag ist auch in Englisch verfügbar.

Neue Studie zu Frauenkarrieren: Blinder Fleck in der Nachwuchsförderung

Eine neue Studie von Advance in Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen EY in der Schweiz und dem Kompetenzzentrum für Diversity und Inklusion (CCDI-HSG) der Universität St.Gallen widerlegt die landläufige Meinung, dass Schweizerinnen in der Regel nicht an Karriere interessiert seien (vgl. Debatte ausgelöst durch die Studie von Katja Rost und Margit Osterloh, 2022). Die Autorinnen haben dazu über 1'200 berufstätige Frauen befragt und kamen zu einem erstaunlich klaren Ergebnis: Über 90% der Befragten wollen sich beruflich weiterentwickeln und streben eine Führungsposition an. Sind sie über 40, werden sie allerdings häufig übergangen.

Transparenz – nicht nur an der Spitze – sondern auf dem Weg an die Spitze ist wichtig, will man eine informierte Diskussion über das inländische Führungs- und Fachkräftepotenzial führen, insbesondere mit Blick auf Geschlechterdiversität. Eine neue Studie deckt nun einen blinden Fleck auf: Frauen 40+.

Frauen sind in Geschäftsleitungen nach wie vor dünn gesät. Mit Blick auf die sogenannten «Lecks» in den weiblichen Nachwuchspipelines überrascht das nicht. Ein wesentlicher Grund für diese «Lecks» ist struktureller Natur: Sobald Familien gegründet werden – meist im Alter um die 30 –, reduziert einer der beiden Partner das Pensum. In der Schweiz ist das in der Regel immer noch die Frau.

Nachwuchsförderung gemäss linearem Altersmodell blendet Frauen ab 40 aus

Gut ausgebildete Frauen unterbrechen ihre Karrieren heutzutage nur noch selten. Sie bleiben im Arbeitsprozess und haben häufig untere bis mittlere Kaderpositionen inne (67% der Befragten). Allerdings entsprechen sie nicht der konventionellen Karrierenorm, die 100%-Pensen für Beförderungen privilegiert (Gender Intelligence Report 2023: Lediglich 4% aller Beförderten arbeiten unter 80%). Das hat zur Folge, dass Frauen in der Altersgruppe 40+ im Vergleich zu Männern oft einige Karriereschritte zurückliegen. Das bedeutet nicht, dass es ihnen deshalb an Führungspotenzial für das obere Kader bis hin in die Geschäftsleitung fehlt. Sie fallen aber, so die Studie, aufgrund ihres Alters vom Radar der Nachwuchsförderung und werden schlicht nicht mehr gesehen.

Brachliegendes Potenzial für mehr Frauen an der Spitze

Über 90% der befragten Frauen, davon 67% mit Management- und/oder Führungserfahrung, sagen aus, dass sie beruflich weiterkommen wollen und eine höhere Führungsposition anstreben. Mit 40+ erlaubt es die Familiensituation in der Regel, dass Frauen ihre Pensen auf 80-100% aufstocken. Dass viele dies wollen, belegt auch der Unterbeschäftigungsgrad, der bei Frauen zwischen 40-54 einen Höchststand von 9.2% erreicht. Bei Männern in der gleichen Altersgruppe liegt er lediglich bei 2.1% (BFS 2023). «Wie sehen hier ein riesiges Potenzial an weiblichen Führungskräften, die noch über 20 Jahre im Arbeitsprozess bleiben werden», so Alkistis Petropaki, Geschäftsführerin von Advance. «Wenn wir den weiblichen Nachwuchs ernsthaft fördern wollen, gilt es, diesen ambitionierten und gut qualifizierten Frauen echte Aufstiegschancen zu bieten.»

Robin Errico, Chief Risk Officer und DE&I-Verantwortliche bei EY in der Schweiz, sagt zur Studie: «Frauen ab 40 streben nach Führungspositionen, werden jedoch häufig übersehen. Die Whitepaper-Studie plädiert für ein Umdenken und bietet praktische Strategien an, um diesen vorhandenen Talentpool zu nutzen.»

Theresa Goop, Mitglied Management Team am CCDI-HSG, ergänzt: «In den Ergebnissen des Gender Intelligence Reports sehen wir schon seit Jahren, wie einschneidend die ‘rush hours of life’ besonders für die Karriere der Frauen sind. Unsere neue Studie zeigt auf, wie viel Potenzial in den Frauen, die diese ‘rush hours’ schon überstanden haben, steckt.»

Das gilt’s zu tun, damit ambitionierte Frauen 40+ durchstarten können

Die meisten grösseren Firmen haben Talent- und Nachwuchsförderungsprogramme, über die sie gezielt Führungskräfte ausbilden. Traditionellerweise fokussieren diese auf die Altersgruppe zwischen 30-40. Die Studienautorinnen empfehlen drei konkrete Massnahmen, um das Potenzial von Frauen 40+ für Diversität in den oberen Kaderstufen zu nutzen:

  • Bewusste Evaluation der weiblichen Belegschaft: Firmen sollten sicherstellen, dass sie ihren Pool an ambitionierten Frauen 40+ kennen. Aus diesem Pool sollten sie gezielt Kandidatinnen für Karriereentwicklungsprogramme nominieren.
  • Überprüfung der Talentförderungs- und Beförderungsprozesse: Wenn das Alter eine Rolle für spezifische Beförderungsschritte spielt, sollte die Altersspanne auf Frauen 40+ erweitert werden.
  • Karriere-Sponsoring-Initiativen für Frauen 40+: Unternehmen, die Geschlechterdiversität ernst nehmen, sollten Karriere-Sponsoring-Initiativen insbesondere für ambitionierte Frauen ab 40 anbieten.

Studienautorinnen

Margit Vunder, Culture, Diversity Equity and Inclusion Lead bei EY in der Schweiz

Dr. Nora Keller, Senior Researcher am Kompetenzzentrum für Diversity und Inklusion (CCDI) der Universität St.Gallen

Alkistis Petropaki, Geschäftsführerin Advance

Vollständige Studie

Klicken Sie auf den Button, um das Whitepaper herunterzuladen, das Advance in Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen EY in der Schweiz und dem Kompetenzzentrum für Diversity und Inklusion (CCDI-HSG) der Universität St.Gallen erstellt hat.

Publikation

8. März 2024

Whitepaper herunterladen (in Englisch)

zum Original

Beitrag teilen

Ähnliche Beiträge